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Haftungsausschluss und Haftungsbeschränkung: sinnvoll oder gefährlich?

Von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Dr. Ronald Kandelhard

In fast allen vorgedruckten Verträgen und AGB findet sich eine Klausel zur Haftung. Darin steht dann, dass der Verwender der AGB für dies oder jenes nicht oder nur beschränkt haftet. Hast Du auch einen Haftungsausschluss oder eine Haftungsbeschränkung in Deinen AGB oder Verträgen? Fühlst Du Dich damit sicherer?

Lass uns einmal kurz betrachten, ob und wenn ja, inwieweit Du Deine Haftung überhaupt ausschließen oder beschränken kannst:

1. Warum Haftung beschränken nicht so einfach ist

Eine Haftungsbeschränkung wird im BGB streng kontrolliert. Es sollen nicht große marktmächtige Unternehmen in der Lage sein, sich (auch zu Deinen Lasten) von Ihren Fehlern frei zu zeichnen; also vertraglich ausschließen können, dass Du wegen Fehler des Unternehmens Rechte geltend machst.

Wenn Du schon mal einen Telekommunikation- oder Energielieferungsvertrag unterschrieben hast, weißt Du, was ich meine. Weder mit denen noch mit einer Bank, mit Kaufhäusern oder vielen anderen großen Unternehmen bist Du in der Lage, über den Vertrag auch nur zu verhandeln.

Du kannst auch oft nicht einfach einen anderen Anbieter wählen, wenn Dir die Haftungsbeschränkung bei dem einen Anbieter nicht passt. Der nächste verwendet fast garantiert die gleiche oder eine ganz ähnliche Klausel. So oder so, Du hättest keine Wahl, Deinen Strom, Dein Konto, Dein Telefon etc., ohne eine Haftungsbeschränkung zu bekommen.

Wären diese Haftungsbeschränkungen alle wirksam, könnten diese Unternehmen lauter Fehler machen und Du wärst rechtlos. Kein Strom, kein Internet, Fehlüberweisung und keiner haftet. Kann kaum sein, oder?

2. Welche Haftungen kannst Du beschränken?

Deshalb lässt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) komplette Haftungsausschlüsse nicht zu und schränkt sogar Haftungsbeschränkungen stark ein. Die derzeitigen Regelungen des BGB führen nach der Rechtsprechung des obersten deutschen Zivilgerichts, des Bundesgerichtshofes (BGH) zu folgendem Ergebnis für Haftungsbeschränkungen:

Die Haftung in Verträgen kann nach dem BGB nur ausgeschlossen werden für

  • die einfach fahrlässige Verletzung
  • einer nicht vertragswesentlichen Pflicht,
  • durch die nicht Leben, Körper oder Gesundheit verletzt wurden,
  • die nicht die Produkthaftung betrifft,

und selbst das womöglich nicht einmal mehr, wenn der Schaden typischerweise versicherbar war.

Zudem kannst Du ggf. noch für leicht fahrlässige Pflichtverletzungen die Haftung auf den sog. vorhersehbaren Schaden begrenzen, also letztlich unvorhersehbare Schäden ausschließen. Hinterher ist aber immer leicht gesagt, dass der Schaden vorhersehbar war. Die Reichweite der Haftungsbeschränkung auf den vorhersehbaren Schaden ist daher unklar.

3. Kannst Du leichte Fahrlässigkeit ausschließen?

Nun magst Du vielleicht sagen, immerhin, leichte Fahrlässigkeit kann ich also beschränken. Dann hätte ein leichter Fehler wenigstens keine drastischen Konsequenzen.

Verlockender Gedanke. Aber, das Aber lässt in Jura meist nicht lange auf sich warten. Zur Erinnerung: Eine Haftungsbeschränkung auf leichte Fahrlässigkeit geht nur dann, wenn die verletzte Pflicht nicht vertragswesentlich war. Ganz viele Pflichten sind aber nach der Rechtsprechung vertragswesentlich. Das ist im Kaufrecht etwa die Pflicht, mangelfreie Ware zu liefern. Das heißt, Du kannst die Haftung für leicht fahrlässige Fehler der Kaufsache nicht ausschließen.

Tatsächlich kenne ich sogar keine einzige Entscheidung eines Gerichts, bei der sowohl leichte Fahrlässigkeit als auch eine nicht wesentliche Pflicht angenommen wurden. Immer war es nur das ein oder andere. In der Konsequenz hat eine Haftungsbeschränkung für leichte Fahrlässigkeit, soweit ich es erkennen kann, noch nie gegriffen!

Gerade, wenn der Schaden hoch ist, also es wirklich auf die Haftungsbegrenzung ankäme, wird das Gericht immer annehmen, die Pflicht sei wesentlich gewesen. Der Grund dafür ist, dass die Pflicht - wie die Situation grade gezeigt hat - offenbar vor besonderen Schäden schützen sollte. Schon wieder gilt: Hinterher ist man immer klüger.

Von daher ist eine Haftungsbeschränkung praktisch kaum noch möglich.

4. Sind Haftungsbeschränkungen gefährlich?

Damit ist es unklar, ob eine Haftungsbeschränkung in Deinen Verträgen oder AGB überhaupt je wirken kann. Gleichzeitig ist sie aber auch gefährlich, denn unwirksame Regelungen in Deinen Verträgen und AGB können abgemahnt werden. So kannst Du zur Zielscheibe von Konkurrenten, Abmahn- oder Verbraucherschutzvereinen werden.

Nach § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist es wettbewerbsrechtlich unzulässig, sich durch Rechtsbruch einen Vorteil vor Mitbewerbern zu verschaffen, wenn dadurch die Interessen der anderen Marktteilnehmer spürbar beeinträchtigt werden. Dabei versteht die Rechtsprechung im Grundsatz jede Nichteinhaltung einer Bestimmung als Rechtsbruch.

Eine unwirksame Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hält die Rechtsprechung auch grundsätzlich für geeignet, die Interessen der anderen Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Das wohl auch zu Recht. Die Erfahrung zeigt, dass sich Kunden immer wieder von unwirksamen Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen abschrecken lassen, ihre Rechte geltend zu machen. Von daher kann durch die Verwendung unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen tatsächlich ein Vorteil gegenüber rechtstreuen Mitbewerbern eintreten.

Damit ist jede unwirksame Haftungsbeschränkung von einer Abmahnung bedroht. Du musst also in Deiner Haftungsbeschränkungsklausel alle der oben zu 2. genannten Begrenzungen richtig einhalten. Jedes kleine Zuviel an Haftungsbeschränkung kann zu einer Abmahnung führen (und macht im Übrigen Deine Haftungsbeschränkung auch unwirksam).

5. Sind Haftungsbeschränkungen zukunftssicher?

Selbst wenn Deine Haftungsbeschränkung heute grade noch wirksam ist, morgen kann ein Urteil kommen, nach dem sie doch unwirksam ist. Nach der Entwicklung der Rechtsprechung halte ich es z.B. sehr gut für möglich, dass bald eine Entscheidung kommt, wonach eine Haftungsbeschränkung bei typischerweise versicherten Pflichten nicht mehr zulässig ist. Dann wären praktisch alle derzeitigen Haftungsbeschränkungen unwirksam und müssten neu erstellt werden.

6. Es geht auch ohne Haftungsbeschränkung

Insgesamt lohnt der Aufwand für eine Haftungsbeschränkung kaum noch. In meinem Projekt www.easyContracts.de biete ich Verträge und AGB speziell für Online-Unternehmer. Die Muster dort haben manchmal bereits gar keine Haftungsbeschränkung (die Nachfrage ist aber immer noch groß) und selbst wenn doch, empfehle ich in den Erläuterungen zu dem Vertrag meist, sie zu streichen.

Wenn eine Haftungsbeschränkung ohnehin kaum etwas bringt und ggf. sogar noch gefährlich werden kann, macht es wenig Sinn noch eine zu verwenden. Der ein oder andere Kunde mag sich doch abgeschreckt fühlen. Zudem sollte man sich ohnehin bemühen, AGB und Verträge nicht in einer „Wüste des Kleingedruckten“ zu ersticken, weniger ist hier oft mehr.

7. Was Du doch unternehmen kannst

Viele Juristen werden Dir dennoch eine Haftungsbeschränkung nahelegen. Es klingt gut und gebildet, die oben angesprochenen Grenzen zu formulieren. Und wer weiß, vielleicht kommt ja doch irgendwann die erste Entscheidung zu einer leicht fahrlässigen verletzten und gleichzeitig nicht wesentlichen Pflicht.

Viel besser als juristische Wortklauberei (auch, wenn sie manchmal notwendig ist), ist jedoch die Haftung auf andere Weise zu begrenzen. Das geht oft durch eine geschickte Gestaltung des Vertragsinhaltes. Ich zeige das mal kurz am Beispiel der Haftung von Webagenturen, Webdesignern und Webprogrammierern für die rechtlichen Anforderungen einer Website.

Was?! Ich höre bereits die ersten entsetzen Ausrufe von Webdesignern? Ich soll für rechtliche Anforderungen haften, die ich doch gar nicht beurteilen kann? Klar, antworten die Gerichte. Aber, magst Du vielleicht verzweifelt sagen: Nach dem Rechtsberatungsgesetz können doch nur Anwälte rechtlich beraten und nicht ich. Wie soll ich dann haften?

Klingt absolut einleuchtend, hilft aber leider auch nicht. Das kann man sich auch schnell klar machen. Eine Werkstatt haftet auch, wenn sie Dich mit den nicht zugelassenen Reifen losschickt oder ein Bauunternehmen, dass Dir einfach eine Gaube einbaut, die wieder abgerissen werden muss, weil sie rechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Wer Fachmann auf seinem Gebiet ist, muss auch die zugehörigen rechtlichen Kenntnisse haben.

a) Richtig machen

Die einfachste Lösung aus diesem Dilemma ist, und das ist auch in anderen Beispielen oft so, es einfach richtig machen. Nicht selten liegt darin sogar eine Chance. Die Anpassung an die rechtlichen Vorgaben ist eine Zusatzleistung, die man als solche auch abrechnen kann. Damit lässt sich der Ertrag je Auftrag vergrößern.

Ein Webdesigner, Webentwickler, Programmierer, Internet- oder Werbeagentur kann etwa die rechtlich problematischen Leistungsteile unter Verweis auf www.easyRechtssicher.de als kostenpflichtige Zusatzleistung anbieten (und möglichst den Kunden auch noch mal explizit außerhalb der AGB belehren). Wie das genau geht, habe ich mit einem Prozessablauf mit Mustern für Deinen Vertrag und die Abnahme hier zum Download bereit gestellt: https://easyrechtssicher.de/fuer-webdesigner-und-agenturen-2-hinweisdownload/.

b) Vertragsinhalt begrenzen

Kannst Du nicht auf einen Dritten verweisen, solltest Du Deinen Leistungsumfang entsprechend verkleinern. Du solltest bereits im Angebot klar machen, dass Du bestimmte Aufgaben nicht erledigst. Ein Beispiel findest Du in dem Download-Material zu a).

c) Versicherung

War klar, dass das kommt, werdet Ihr sagen, doch tatsächlich habe ich das schon zu meinen Mandanten gesagt, als ich noch nicht daran gedacht habe, selbst unter die Online Unternehmer zu gehen: Besser als jede Haftungsbegrenzung ist eine Versicherung.

Ich bin oft eher ein Kritiker von Versuchungen und Ihren Angeboten, aber die Betriebshaftpflicht und ganz oft auch die Vermögensschaden-Haftpflicht sind zwei ganz klassische No-Brainer. Nimmt man mögliche Konsequenzen (Haftung für Hunderttausende von Euro und mehr), Kosten (oft nur dreistellig im Jahr) und Ausmaß der Gefahr (siehe oben, Haftung auch ohne Rechtskenntnisse), ist jeder Gewerbetreibende selbst schuld, der sie nicht hat. Zudem solltest Du Sie als Dienstleister sogar in Deinem Impressum erwähnen, das findest Du näher im Generator von www.easyRechtssicher.de.

Fazit

Ein Haftungsausschluss ist gar nicht möglich. Eine Haftungsbeschränkung kannst Du zwar in der Theorie noch formulieren, aber es ist unklar, wann er überhaupt tatsächlich mal anwendbar sein kann.

Gleichzeitig sind Haftungsbeschränkungen aber auch gefährlich. Kleine Fehler führen zur Unwirksamkeit, die dann sogar auch von Dritten abgemahnt werden kann. Der richtige Weg – aber auch der schwierigere – ist immer die richtige Definition des Vertragsinhaltes. Ein weiterer Weg ist auslagern. Es gibt immer mehr technische juristische Lösungen wie www.easyRechtssicher.de und www.easyContracts.de, mit denen Du zusammenarbeiten kannst. Fachausgaben auszulagern, ist ohnehin meist sehr effektiv.